Dagmar Eder fertigt in ihrem Atelier in Lienz Geschirr, Schalen und saisonale Dekoration. Sie sei oft gescheitert, sagt sie. Und das sei wichtig gewesen. Was sie heute verkauft, ist mit Hingabe gefertigte Keramik, die auch in Sternerestaurants auf den Tisch kommt.
Sie mag es, wenn Menschen zu ihr ins Atelier kommen. „Wer etwas kauft, muss es doch vorher anfassen“, sagt Dagmar. „Keramik soll man fühlen.“ Und so fühlt sich mancher Teller glatt an, samtig ein anderer, ein Haferl erdig-rau. Es sei außerdem nicht so anonym: „Viele Kunden erzählen etwas über sich, und Stammkunden kommen nicht nur aus der Region, sondern teils bis aus den Niederlanden. Die nehmen dann jedes Jahr wieder ein, zwei Stücke für ihre Geschirrsammlung mit.“
Der Arbeitsplatz für die Fein- und Kleinarbeit Vasen, Schalen und Schälchen: Ein Mitbringsel findet sich hier immer.
Viel Geschick – und davor gefeit, sich selbst zu überschätzen
Jedes dieser Stücke ist nicht nur ein Unikat, sondern ein kleines neues Meisterwerk: Keramik zu fertigen, erfordert viel Geschick und Erfahrung, ein immer neues Beginnen. Dagmar kam vor 18 Jahren erstmal mit Ton in Berührung. Viele Familienmitglieder auf väterlicher Seite waren künstlerisch veranlagt, der Vater selbst war ein begnadeter Bauernmaler. Erste Versuche mit Ton unternahm Dagmar bei der Osttiroler Künstlerin Margarethe Oberdorfer in Dölsach. Die machte ihr Mut. „Aber die Tonscheibe allein war mir zu wenig“, erinnert sich Dagmar. Und so besuchte sie weitere Kurse, experimentierte viel selbst – „Learning by Doing eben“ – und verfeinerte mit den Monaten und Jahren ihr Können. „Ich bin oft genug gescheitert“, sagt sie. „Aber nur durchs Scheitern ist man davor gefeit, sich selbst zu überschätzen.“
Bekannte und Freunde jedenfalls mochten die Arbeiten, sie kauften hier und da Porzellansterne, Teller, Espressotassen und Schalen. Eine richtige Werkstatt entstand und schließlich kamen Gastronomen, die ihre Speisen auf genau solchen Tellern anrichten wollten. Haubenkoch Hans-Peter Sander vom Tirolerhof in Dölsach war der erste. „Das war so etwas wie eine Teststrecke“, sagt Dagmar. „Da kommt all das Geschirr in den Gastronomiegeschirrspüler und unter den Grill, die Teller werden nie kalt, und das bei sechs, sieben Gängen. Ich war froh über die gute Resonanz.“ Auch Sternekoch Chris Oberhammer vom Restaurant Tilia in Toblach bestückt seine fünf Tische mit Dagmars Tellern und Schalen. „So ein Geschirr herzustellen, das geadelt wird mit tollem Essen – das ist Perfektion und das Beste, was passieren kann.“
Schalen, Tassen, Teller – man kann sich kaum entscheiden. Handgemachtes Haferl – ein Unikat, aus dem es doppelt so gut schmeckt!
Inspiration in freier Natur
Die Ideen für ihre Arbeit findet sie an den unterschiedlichsten Orten: Mit ihrer Familie ist sie viel in den Bergen unterwegs, wo einfach alles Inspiration sein kann. „Oder wenn ich nachts wach liege“, lacht sie. Teils entstehe auch erst etwas, wenn sie daran arbeite. „Es entwickelt sich, manchmal auch nach dem ersten Brand, ganz spontan.“ Und während sie anfangs vielleicht noch mit Musik arbeitet, herrscht irgendwann Stille im Atelier. „Es ist dann wie eine Meditation und ich werde fast eins mit dem Material.“ Freilich gibt’s auch Tage, da geht sie wieder aus der Werkstatt, da mag nichts zustande kommen. Einen Tag oder ein paar Stunden später geht’s dann wieder. Nach dem Schaffen einer Keramik ist sie teils erschöpft und das nicht nur wegen der Konzentration. „Ich lupfe ja auch ein paar Kilogramm durch die Gegend. Der restliche Ton wird schließlich eingesumpft und zum Weiterverarbeiten geknetet, bis keine Luft mehr drin ist.“ Das mit dem Weiterverarbeiten geschieht übrigens erst nach einiger Zeit: „Ton hat ein Gedächtnis und er braucht Ruhe, bis er sich wieder verarbeiten lässt.“ Es ist eine körperlich anstrengend Arbeit – und eine erdige dazu. Klar: „Ton ist Lehm, Lehm ist Erde“, sagt Dagmar. „Das ist alles natürliches Material, und alles wird komplett aufgearbeitet.“ Und keine Frage: Dagmar verwendet ausschließlich lebensmittelechte Farben für die Glasuren.
Wertschätzung für liebevoll Gekochtes
Im Schnitt sind es zwei Wochen, bis ein Teller oder eine Schale fertig ist, je nach Dicke des Materials. Das Trocknen braucht seine Zeit und auch wenn‘s im Sommer schneller geht, wird noch gebrannt, glasiert und wieder getrocknet. Wer Dagmars Geschirr kennt und nutzt, weiß um all die Arbeit, die dahintersteht. Umso schöner, wenn dann ein Foto von irgendwoher aus der Welt kommt, das einen Teller mit liebevoll gekochter Speise zeigt.
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