Wir sind im hinteren Defereggental. Im Nationalpark Hohe Tauern, im größten seiner Art in Österreich und den Alpen überhaupt. Dort, wo Gämsen und Steinböcke umherspringen und Steinadler kreisen. Dort, wo ich mit dem Auto bis zur Mautstelle Erlsbach fahre, den Wagen abstelle, das Mountainbike zusammensetze und starte. Das Dorf St. Jakob ist nicht allzu weit entfernt.
Also dort, wo meistens Ruhe herrscht und gelegentlich auch Stille, gäbe es nicht das Vogelgezwitscher im Wald und ab und an das Rauschen der Schwarzach. Auf einem wenig spektakulären Schotterweg geht es leicht bergan. Nichts, was mich überfordern würde. So kurve ich durch den duftenden Zirbenwald bis zur Oberhausalm auf knapp 1.800m. Hier öffnet sich das hintere Defereggental. Westlich reckt sich das Rothorn mit knapp 2.650m in die Höhe. Östlich der Huttner, unwesentlich höher. Dahinter Jaghdhausspitze und Löffelspitze – zwei Dreitausender.
Die Jagdhausalm – Tibet von Osttirol
Es geht gemächlich weiter, Richtung Jagdhausalm. Von weitem pfeifen ein paar Murmeltiere. Etwas näher muhen Rinder. Seit Jahrhunderten bringen Südtiroler Bauern die Tiere im Frühjahr hierher und lassen sie bis in den Spätsommer/Herbst auf den österreichischen Wiesen weiden. Das Gebimmel der Kuhglocken ist wie Musik in meinen Ohren und nicht nur eine kleine Zeitreise in eine andere Welt. Nicht von ungefähr nennen die Menschen im Defereggental diesen Landstrich rund um die Jagdhausalm auch „Tibet von Osttirol.“ Bezaubernde alte Hütten, hohe Berge, traditionelle Almwirtschaft und… natürlich hunderte Kuhfladen. Oder sind es tausende? Keine Ahnung. Was ich aber weiß: Das Bundesland Salzburg grenzt hier an einem kurzen Abschnitt an Südtirol und treibt einen kleinen Keil zwischen Nord- und Osttirol.
Das Klammljoch – Übergang von Osttirol nach Südtirol mit Bergsee
Ich nähere mich langsam aber stetig dem Namensgeber dieser Tour: Dem Klammljoch. Es liegt auf 2.288m und bildet den Übergang vom Defereggen- ins Ahrntal, von Österreich nach Italien. Auf dem Grenzstein am Wegesrand nehme ich Platz. Wollte ich nach Südtirol, könnte ich hier auf der anderen Seite nach Prettau fahren. Möchte ich aber gar nicht. Lieber mache ich noch einen lohnenswerten Abstecher zum Klammsee. Wer mag, kann hier Tiere beobachten. Steinböcke, Gämsen und vieles mehr. Infos dazu bekommt man im Nationalparkhaus Matrei in Osttirol.
Natur pur und ganz viel Stille
Ich schaue lieber so in die Berge: nach S wie Salzburger Land und S wie Südtirol. Ich staune, schweige und wische mir die wenigen Schweißtropfen von der Stirn. Nach einem Schluck aus der Wasserflasche schwinge ich mich auf meinen Sattel und rolle zurück ins Tal. Auf derselben Strecke wie ich heraufgekommen bin. Keine Sorge: Das ist nicht langweilig. Im Gegenteil. Als ich auf dem Parkplatz an der Mautstelle ankomme, denke ich mir: Die etwa vier Stunden Fahrzeit und knapp 1.000 Höhenmeter sind wie im Fluge vergangen. Nur ohne das Brummen von Motoren, dröhnenden Sicherheitsinstruktionen und schwitzenden Sitznachbarn. Dafür Natur pur und ganz viel Stille.
Nebenbei bemerkt eignet sich diese Tour auch perfekt für ein E-Mountainbike und im Gegensatz zur Tour auf den Schlossberg ist das Klammljoch ohne schwierige Anstiege und somit für jeden machbar.
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