Im Büro ist es heiß. Die knapp vierzig Grad der vergangenen Tage sind durch die Fensterscheiben herein gekrochen und erfüllen den Raum mit einer stickigen, drückenden Hitze. Es ist Mittagspause. Der Facebook-Chat öffnet sich. Meine Freundin. „Hey. Ist es bei dir auch so heiß? Unerträglich. Ich will weg. Irgendwohin wo es kühl ist. Und ich will endlich wieder sporteln. Aber bei der Hitze kannst das ohnehin vergessen.“ Ich. „Ich habe eine Idee. Sport. Abkühlung. Adrenalin. Spannung. Spaß.“ Sie. „Was? Wie? Wo?“ Ich. „Osttirol. Wir fahren nach Osttirol. Drei Tage Urlaub in der Natur. Wildwasser Abenteuer in Osttirol.“ Sie. „Yeah. Das machen wir.“
Abenteuer im Adventurepark Osttirol
Wir sitzen also im Auto und fahren von Innsbruck aus nach Osttirol. Die Berge rufen. Wir haben unsere Taschen gepackt. Das ganze Outdoor-Zeug ist mit dabei. Wir beide sind sportlich, interessiert, neugierig und offen für Neues. Wildwasser Sport haben wir dennoch selten gemacht. Wenn ich richtig überlege – eigentlich nie. Wir sind etwas nervös. Spätestens, als wir den Felbertauern hinauffahren, den Tunnel durchqueren und auf der Osttiroler Seite die hohen, tosenden, zu Tal stürmende Wasserfälle, die Kraft der Natur sehen – halten wir den Atem an. Was wird uns erwarten? Am kommenden Tag sind wir um 10 Uhr im „Adventurepark Osttirol“ verabredet.
Canyoning steht auf dem Programm. Da wir beide nicht wirklich wissen, was da auf uns wartet, beschließen wir nicht mehr auszugehen und auf ein gemütliches „Achterl“ in der Stadt zu verzichten. Stattdessen gehen wir in Lienz noch schnell in die Pizzeria – Kraftfutter muss her. Früh geht es ins Bett. Ein Abenteuertag wartet.
Nach zehn Minuten Fahrzeit durch das Iseltal, kommen wir in der Ainet an. Kurz bevor man das Dorf verlässt, geht es links weg, in Richtung Isel. Schon sieht man das Basiscamp. Als wir aussteigen, noch immer mit dem mulmigen Gefühl der Unwissenheit im Magen, fühle ich mich ein wenig nach Kanada oder Alaska versetzt. Blockhütten-Stil, rustikales Ambiente, überall Outdoor-Ausrüstungszeug. Barbecue-Stimmung. Abenteuer-Stimmung. Wir gehen zur Rezeption. Dort werden wir bereits erwartet. Unser Guide stellst sich und unsere Mitabenteurer vor. Eine Familie aus Deutschland wird mit uns gemeinsam durch die Schlucht wandern, rutschen, springen und abseilen.
Alle gemeinsam gehen wir zur Ausrüstungs-Ausgabe. Wir bekommen Neoprenanzug, Helme, Schuhe und Gurt. Es ist kalt. Das warme Büro ist nur mehr eine Wunschvorstellung und so weit entfernt wie eine Blockhütte in Alaska. Wir gehen in die Umkleide und quetschen uns in den nasskalten Neoprenanzug – 5 Millimeter dick! Wir fahren vom Basecamp in der Ainet aus in Richtung Schlaiten. Dort wartet die Schlucht in der das Canyoning Abenteuer beginnen soll. Dann geht es los.
Canyoning: Wildwasser- und Naturerlebnis
Noch schaut alles recht liebevoll aus. Schön geschmückte Bauernhäuser. Viel Wald. Grüne Wiesen. Obstbäume und ein kleiner Bach. Auf dem Weg zum Startpunkt steigt der Adreanlinspiegel. Nach der kurzen Einweisung wissen wir, dass das Wasser das auf uns wartet circa 7 Grad kalt ist, dass uns vier Abseil-Passagen blühen (3 Meter, 8 Meter, 28 (!) Meter und 4 Meter) und, dass wir unseren Fähigkeiten, der Ausrüstung und dem Guide vertrauen sollen. Ich bin voller Vertrauen, aber spätestens jetzt – voll nervös.
Der erste Wasserfall braucht am meisten Mut. Noch nie sind wir einen nassen, glitschigen Abhang hinunter, nur mit einem Seil gesichert, rückwärts und voll konzentriert. Von oben sieht man nur wenige Zentimeter, der Abgrund und was wirklich auf einen wartet – bleibt verborgen. Egal. Umdrehen, in den Gurt fallen lassen, Vertauen haben und langsam geht es nach unten. Nach den ersten Sekunden legt sich die Aufregung. Der Spaßlevel steigt. Canyoning macht Freude. Richtig Freude. Aber noch wartet das 28 Meter Monster.
28 Meter über dem Abgrund. Kaum Sicht. Viel Wasser. Kaltes Wasser. Adrenalin in den Adern. Ein aufmunternder, entspannter Guide. Anspannung und Vorfreude. Respekt vor der Natur. Genuss und Abenteuer zugleich. Wir wissen nicht was auf uns wartet. Ein Blick den normalerweise nur Tarzan zu sehen bekommt. Was hier nach wildem Dschungel aussieht ist Natur-Erlebnis, Wildwasser-Abenteuer vom Feinsten. Das ganze Ding. 28 Meter (!).
Wer als Pärchen ein Canyoning Abenteuer wagt, der sollte wissen – man leidet. Nicht körperlich: Auch wenn das Klettern, Abseilen und Rutschen wirklich anstrengend ist – wer ein wenig sportlich ist, der hat einfach nur riesen Spaß. Doch unten zu stehen und knappe 30 Meter nach oben zu starren, während seine Partnerin über dem Abgrund hängt, an einem (von so weit unten gesehen, verdammt dünnen) Seil befestigt, die Beine gegen die glitschige Wand stemmend – das ist Leiden pur. Das Herz klopft wie wild. Jeder Schritt wird beäugt. Kann das gut gehen. Wenn sie ausrutscht, soll ich nach vorne stürmen und sie auffangen? Nein. Dann wären wir wohl beide platt. Aber. Aber. Ach das wird schon gehen. Einfach mal zusehen und einen guten Gedanken nach oben schicken – nach ganz oben. Nach wenigen Minuten wird man dann jedoch belohnt. Die Bindung ist größer denn je. Man ist 30 Meter über dem Abhang noch enger zusammengewachsen. So ein Abenteuer stärkt. So ein Abenteuer schweißt zusammen.
Wer die Abseilpassagen geschafft hat, der wird am Ende dann mit einer langen Rutschpassage entlohnt. Was für ein Spaß. Kaum zu glauben, dass diese Rutsche von der Natur geschaffen wurde. Besser hätte das kein Rutschen-Architekt je planen können.
Unser Fazit: Canyoning mach riesig Spaß. Wieso? Man sieht Orte, die ein normaler Wanderer nie sehen würde. Man stellt sich seinen eigenen Ängsten und wird dafür mit besten Glücksgefühlen belohnt. Man findet Abkühlung. Man bewegt sich. Wer sich für Canyoning entscheidet der sollte auf jeden Fall eine Grundkondition mitbringen – keine besonders ausgiebige, aber ein wenig ist von Vorteil. Höhenangst sollten nur jene mitbringen, die sie auch überwinden wollen. Ansonsten ist Canyoning eine richtig tolle Sache für Gruppen, für befreundete Paare und für Abenteurer aller Art. Einen Tag wie Tarzan fühlen, über Steine rutschen, Abhänge hinunterklettern, springen und schwimmen – das kann schon was!
- Abenteuerfaktor: 7 von 10 Punkten
- Spaßfaktor: 8 von 10 Punkten
- Sportfaktor: 7 von 10 Punkten
- Naturfaktor: 9 von 10 Punkten
- Schwierigkeitsfaktor: 6 von 10 Punkten
Nach dem Canyoning ging es erstmal zur Stärkung nach Lienz. Dann gings auf zum Rafting.
Rafting: Piraten am Gletscherfluss Isel
Nur die härtesten unter den Harten gehen am Vormittag zwei Stunden lang zum Canyoning und am Nachmittag drei Stunden Rafting. Normalsterblichen sei empfohlen sich mindestens zwei Tage Zeit zu nehmen und zwischen den Aktivitäten das Leben zu genießen, beziehungsweise Kräfte zu sammeln. Aber kurz von vorne. Wieso Rafting in Osttirol? Wieso Rafting auf der Isel? Ganz einfach. Weil es ein unglaubliches, unvergessliches Erlebnis ist. Und weiter?
Die Isel ist der letzte unverbaute Gletscherfluss der Alpen. Ein Naturjuwel in seiner vollen Pracht. Hier holt sich der Fluss was er braucht, wächst und flacht ab, macht Kurven und schenkt wunderbare Naherholungsgebiete. Die Isel wird vom Großvenedigermassiv und von den Hohen Tauern gespeist – dementsprechend kalt ist das Wasser, das sie führt und die Wasserstände sind auch im Sommer überragend. An unserem Osttirol-Wochenende war es die Tage vorher regnerisch. In Kombination mit dem Schmelzwasser – ein respekteinflössendes Bild. Dennoch konnte man das Abenteuer wagen. Im „Eddy Rafting Center“ geht die Tour los. Wer einmal beim Rafting war, der kennt das Gefühl: in den Wassermassen fühl man sich klein. Verdammt klein. Die volle Kraft des Elements Wasser offenbart sich einem. Unglaublich spannend, faszinierend und spaßig.
Die Isel ist nicht nur einer der besten Flüsse für Abenteuerlustige. Das ganze Iseltal ist wie dafür gemacht. Auch bei der dritten, vierten oder fünften Fahrt, offenbaren sich immer neue Bilder und Eindrücke. Das Tal ist breit. Jederzeit kann man vom Boot aus die Berge sehen. Eine völlig neue Perspektive offenbart sich. Trotz der abenteuerlichen Abschnitte, inklusive Riesenwellen – ist Rafting ein sicherer Sport und auch für Familien mit Kindern geeignet. In den ruhigeren Passagen kommen die Genießer ganz auf ihre kosten. Einzigartige Blicke auf die umliegende Natur laden zum Träumen ein.
Unser Fazit: Rafting macht als Pärchen Spaß. Definitiv. Ideal ist ein Rafting-Ausflug aber mit Sicherheit, wenn man eine größere Gruppe ist. Erstens ist das gegenseitige Vertrauen ein hohes und zweitens lässt sich das spaßige, nasse Auf- und Ab dann so richtig genießen. Rafting ist etwas für Abenteurer und das ideale Kontrastprogramm zu einer ausgedehnten Wanderung. Egal ob bei großer Hitze zur Abkühlung oder bei Regen (man wird sowieso nass) – ein Rafting-Abenteuer in Osttirol wird sich lohnen. Am Ende der Fahrt ist man zwar erschöpft, aber mit Sicherheit überglücklich. (nicht nur endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben).
- Abenteuerfaktor: 8 von 10 Punkten
- Spaßfaktor: 9 von 10 Punkten
- Sportfaktor: 9 von 10 Punkten
- Naturfaktor: 9 von 10 Punkten
- Schwierigkeitsfaktor: 7 von 10 Punkten
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