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Osttiroler Gesichter

Liebesgschichten und Heiratssachen.

Liebesgschichten und Heiratssachen.

Vom Wanderurlaub in Osttirol zu einer lebenslangen Liebe.

Unter einem Facebook Posting im Sommer 2021 entdecken wir folgenden Kommentar: „1968 lernte ich dort meinen Ehemann kennen. Er aus Antwerpen, ich aus Köln. Am 8. September feiern wir unsere Goldene Hochzeit.“ Das machte uns natürlich neugierig. Vorab sei gesagt, dass wir ja so einiges mitbekommen. Aber mit dieser herzerwärmenden Geschichte hätten wir wirklich nicht gerechnet. Sei gespannt!

Der Facebook Post vom Sommer 2021:

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Wir schreiben das Jahr 1968. Die 18-jährige Annemarie Strasser ist mit ihrer Familie das erste Mal in Osttirol, genauer gesagt in Oberpeischlach. Sie war mit ihren Eltern und ihrem zehn Jahre jüngeren Bruder zwar schon einmal auf Wanderurlaub, aber wie Annemarie erzählt „noch nie so richtig in den Bergen“! Nicht nur deshalb wurde die Wanderung zum Kalser Dorfersee zu einem richtigen Abenteuer. Schlecht ausgerüstet, kaum vorbereitet und mit wenig Kondition ist Familie Strasser im Dorfertal unterwegs. Die Familie ist wenig überrascht, als sie dann noch kurz vor dem Ziel, dem Dorfersee, von einer anderen Familie überholt werden. Denn schon beim Anblick der Männer im Partnerlook – der Vater im gelben T-Shirt, die Jungs im selben T-Shirt mit anderer Farbe, und zwar in blau, rot und grün – ist klar, dass es sich hier wohl um etwas bergerfahrenere Genossen handelt.

Nach einer kurzen Rast am Seeufer des Dorfersees geht es dann wieder talauswärts. Die unerfahrene, aber neugierige Annemarie lässt es sich dabei nicht nehmen, die Schuhe und Strümpfe auszuziehen und die Füße in das kalte Gletscherwasser zu stecken. Dass es aber sooo kalt und rutschig ist, mit dem hat sie beim besten Willen nicht gerechnet. Etwas wackelig auf den Beinen steuert sie nach wenigen Sekunden gleich wieder das Ufer an. Und da streckt ein junger Mann mit knallrotem T-Shirt ihr helfend seine Hand entgegen!

Ja, lieber Leser, du kannst es dir sicher schon denken. Das war die erste Begegnung von Annemarie und Robert, die sich 1968 im Kalser Dorfertal kennenlernten. Aber ganz so einfach war es dann doch nicht. Denn wenn nicht an den Tagen darauf das Schicksal ordentlich nachgeholfen hätte, wäre wohl nichts aus dieser Liebesgeschichte geworden. Doch lies selbst…

1970 am Kals-Matreier Törl mit dem Bruder von Annemarie. Eines sei vorab verraten: Das war nicht die letzte Begegnung von Annemarie und Robert.

So kommt es, dass Annemarie und ihr jüngerer Bruder mit der belgischen Familie in der bunten Kleidung sich gut amüsierend durch das Tal bis zum Taurerwirt bewegten. Dort trennt man sich schweren Herzens, denn die Belgier, die „Le Jeune’s“ kehren in das Gasthaus ein, die Strasser Kinder mussten noch auf die etwas langsameren Eltern warten.

Als diese endlich angetrudelt kommen, beschließen diese, auch im Gasthaus einzukehren. Große Freude, vor allem bei den zwei Jungspunden Annemarie und Robert. Dass in der Zwischenzeit der 19-jährige Robert von seinem Vater wegen der fehlenden Einladung an das nette Mädchen getadelt wurde, erfuhr Annemarie erst Jahre später. Die Familien verstanden sich von Anfang an blendend. Da auch der Vater von Annemarie im Krieg in Belgien stationiert war, hat man von Beginn an viel Gesprächsstoff. Doch die Zeit vergeht und der Abschied naht. Annemarie erinnert sich noch gut an die Worte vor dem Taurerwirt, mit denen sich Robert damals von ihr verabschiedete „Auf Wiedersehen – wenn es das überhaupt gibt“! Auf die Frage, warum die jungen Leute nicht Kontaktdaten ausgetauscht hätten, antwortet Annemarie heute nur lachend „Damals waren andere Zeiten. Wir waren viel zu schüchtern!“.

Doch wenige Kilometer weiter, in Lesach, dem Ortsteil der Gemeinde Kals am Großglockner, erhalten die schüchtern Verliebten eine weitere, die dritte Chance. Denn eine Mure versperrt dort den Weg und man muss warten, bis ein Bagger die Straße frei geschaufelt hat. Dann, endlich, werden Adressen ausgetauscht – wenn auch nur die Urlaubsadressen.

„Wir schreiben und halten Kontakt, versprochen!“

Annemarie Strasser und Robert Le Jeune

Zwei Tage später, nach einem Bummel durch die Bezirkshauptstadt Lienz, findet die junge Annemarie einen Zettel auf dem geparkten Auto. „Komme morgen, Robert“. Dass die beiden Autos fast nebeneinander am gleichen Parkplatz stehen, war wohl wirklich ein Wink des Schicksals. Wer weiß, ob Robert sonst dem Mut gefasst hätte, Annemarie zu besuchen? Und so kam es, dass Robert am darauffolgenden Nachmittag in Oberpeischlach bei der Urlaubsunterkunft der Strassers auftauchte und das 18-jährige Mädchen aus Köln zum gemeinsamen Spaziergang ausführte. Bei einem weiteren Treffen in diesem ersten Sommerurlaub in Osttirol wurde noch ein Versprechen ausgetauscht: „Wir schreiben und halten Kontakt, versprochen!“

Dass Robert mit seiner Familie schon drei Tage später bei Annemarie auf der Matte stand, damit hätte wohl niemand gerechnet. Aber Köln lag auf dem Nachhauseweg der Le Jeune Familie und Robert hat sein ganzes Verhandlungsgeschick eingesetzt, um den Pausenort zu bestimmen. Tja, und wie es weiter ging, kannst du dir vielleicht denken. Wir haben von Annemarie erfahren, dass am 8.9.2021 Goldene Hochzeit gefeiert wurde. 50 Jahre Ehe, 3 Kinder und 7 Enkelkinder sind durch die glückliche Fügung entstanden! Oder sollen wir es Schicksal nennen?

Übrigens, Osttirol ist seit diesem Urlaub die zweite Heimat der beiden. Meist mehrmals pro Jahr fährt man zum Lois im Gasthof Steiner in Feld, im Gemeindegebiet Matrei in Osttirol. Dort sind sie längst keine Gäste mehr, sondern Freunde! Und beim Bummeln durch die Tauerngemeinde Matrei schwelgen dann beide in Erinnerung an den Sommer 1968, die gemeinsamen Spaziergänge und den ersten Kuss in der heutigen Johann-Wolsegger Straße…

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Dirk Le Jeune
Dirk Le Jeune
10. März 2022 14:55

Was für eine Geschichte! Wenn ich diese auch oft gehört und auch erzählt habe, manche Details kannte ich nicht. Ich freue mich schon auf den nächsten geplanten Urlaub beim Landgasthof Steiner in Feld! Es wird nur verschwiegen, das eines der Kinder dort „gemacht“ wurde, ich glaube in Nummer 4 😉.
Liebe Grüße nach Osttirol
Der Sohn der Familie