Anny Mayerhofer erzählt aus einer Zeit ihrer Kindheit, im Jahr 1946, die sie weit weg von der Heimat verbracht hat
„Kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges gab es für die Menschen, besonders in Stadtnähe, kaum genug zu essen. Besonders wir Kinder hätten nahrhafte Lebensmittel gebraucht, damit aus uns starke Erwachsene werden konnten. Damals war ich noch ein unterernährtes, dünnes Mädchen, (was man mir heute bestimmt nicht mehr ansieht) von 9 Jahren. Von diesen Kindern gab es damals mehr als genug. Deshalb hat sich die Caritas eingeschaltet und hat gute Pflegeplätze am Land und auch im Ausland gesucht und gefunden.
Anny mit Geschwistern
Für mich war schon die Zugfahrt etwas Besonderes, allein ohne Familie eine so weite Reise anzutreten. In Lienz angekommen gab’s für uns Kinder warmes Essen. Daran kann ich mich noch gut erinnern – es waren Linsen. Wahrscheinlich hab‘ ich die Mahlzeit sehr genossen und dabei die Zeit vergessen, denn plötzlich hab‘ ich gemerkt, dass ich ganz allein im Raum war! Aber draußen vor dem Bahnhof stand noch ein LKW, auf dem schon viele Kinder auf die Abfahrt warteten. Obwohl ich eigentlich nach Obertilliach kommen sollte, hat man mich – Gottseidank – mitgenommen nach Kals. Dort, ich glaub‘ es war im Gemeindeamt, warteten schon einige Frauen, die jeweils ein Kind in Empfang nahmen. Mich hat die liebe Stine herausgefischt!
Annys Mutter und der Amraserbauer Die Geschwister Amraser – für kurze Zeit Annys Familie
Nach einer langen, für mich ungewohnten Wanderung durch den Wald landeten wir in einer gemütlichen Stube, wo einige Frauen auf mich einplauderten und freundlich lachten. Ich aber verstand kein Wort, was sich aber in den nächsten Tagen rasch änderte.
So kam ich nach Kals in Osttirol, wo ich liebevoll von den Amrasers in Oberlesach aufgenommen wurde.
Anny Mayerhofer
Stine war damals meine fürsorgliche Pflegemutter. Sie und die ganze Familie haben dazu beigetragen, dass ich meinen geplanten 6-wöchigen Aufenthalt – den ich auf 6 Monate verlängern durfte – in unvergesslicher, schöner Erinnerung habe. Durch diese wunderbare Zeit ist es dann dazu gekommen, dass meine Eltern nach Kals zum Urlaub machen gekommen sind, später auch meine Schwester mit ihrer Familie und ich selbst mit Mann und Kindern. Und das immer wieder – jahrzehntelang!
Annele (Anny Mayerhofer)
Freunde ein Leben lang
So erzählt unsere liebe Anny ihre Geschichte. Ich, Resi Wolsegger, war damals noch nicht dabei. Ich kann mich erst erinnern, als Anny mit ihrem Herbert und den beiden Kindern Manfred und Evi bei uns auf dem Bergbauernhof beim Amraser in Kals am Großglockner, ihren jährlichen Urlaub verbrachten. Auch Annys Schwester Mitzi mit Familie verbrachte regelmäßig den Urlaub bei uns.

Mit sehr einfachen Verhältnissen waren sie zufrieden – das WC am Balkon, das Wasser musste erst vom Holzherd in der Küche geholt werden. Aber für uns Kinder war es ein wochenlanges Fest, nahmen sie uns doch mit, bei ihren Wanderungen und Ausflügen! Die ersten Ausflüge mit einem Auto, das erste Eis, die lustigen Spielabende, die Freude, als der große Herbert das Blumenfenster beim „blinde Kuh“ spielen abräumte… Mutter durfte da gar nicht schimpfen…
Mit 12 Jahren durfte ich sie für 2 Wochen in Mödling besuchen! Ich wurde von ihnen abgeholt und wieder zurückgebracht! Das war ein großes Erlebnis für mich, vor allem, weil ich auch neu eingekleidet wurde und sehr viele wunderschöne Kleider bekam! (Auch Anny wurde damals von Stine neu eingekleidet.) Sie zeigten mir alles, wovon ein Kind nur träumen konnte, Tierparks, den Prater, die Geisterbahn, Spiegelkabinett, wunderschöne Bauten….
Schlimm und tränenreich war der Abschied immer, sowohl von Mödling, als auch der Abschied, wenn ihr Urlaub vorbei war.
Resi Wolsegger mit Annys Schwager Ernst Anni mit ihrem Sohn Manfred im Kinderwagen und Theresia Wolsegger mit ihren Geschwistern.
Jahrzehnte lange Treue zu Osttirol
Als ich nach Matrei zog und dort das Apartment Panoramablick vermietete, brauchte es einige Überredungskunst, die „Wiener“ von Kals und Prägraten nach Matrei zu locken, aber seit der ersten „Besichtigung“ vor 25 Jahren kommen sie regelmäßig zweimal im Jahr zu uns! Wie schon als Kind, freuen wir uns auf sie und können es kaum erwarten, bis sie wiederkommen. Es gibt nicht viel, was wir ihnen noch zeigen können – sie kennen ja Osttirol fast besser wie wir. Aber es gibt doch immer wieder mal was Neues in Osttirol. Egal, was wir am Tag unternehmen, der Spieleabend darf nie fehlen!

Wir hoffen, die Familie Mayerhofer noch oft bei uns zu haben und wünschen ihnen Gesundheit und weiterhin die große Freude am Reisen – vor allem nach Osttirol!
Resi Wolsegger
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