Anja Ebner ist gewiss kein Schlägertyp. Aber irgendwie hat die freundliche Bäuerin vom Niescherhof in Obertilliach schlagende und streichzarte Argumente. Denn bei Anja Ebner entsteht ein liebevoll gemachtes Naturprodukt, das mit dem aus dem Kühlregal im Supermarkt kaum etwas zu tun hat: Richtige Butter!
Eine gute Geschichte hat einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende. Also beginnen wir vorne. Bei der Kuh. Am Euter. Anja Ebners Sohn hat gerade die noch kuhwarme Milch vorbeigebracht. „Das ist die Grundlage für alles weitere“, lacht die 45-Jährige, die eine waschechte Tilliacherin aus dem Bergsteigerdorf Tiroler Gailtal ist. Geboren und aufgewachsen in der Freiheit eines traditionellen Bergdorfes wie Obertilliach, das am Osttiroler Höfetrail liegt. Dort, wo Landwirtschaft im Einklang mit Pflanzen und Tieren betrieben wird.
Mehr als ein billiger Brotaufstrich
Mit satt grünen Wiesen, auf denen die Kühe saftige Kräuter fressen und „die wohl beste Milch der Welt geben“ wird die Butter am Niescherhof gemacht. Wenn Anja Ebner davon spricht, leuchten ihre Augen. „Denn Butter ist mehr als ein billiger Brotaufstrich.“ Ein natürliches Lebensmittel der Spitzenklasse, aber nur wenn es so kunstfertig hergestellt wird, wie das die Bäuerin vom Niescherhof tut. Und schon sind wir im Mittelteil der Geschichte.
Anja Ebner schüttet die gemolkene Milch in die Zentrifuge, dort wird sie in Rahm und Magermilch getrennt. Der Rahm wird gekühlt und die Magermilch weiter zu Topfen verarbeitet. Die Bäuerin lässt den Rahm ein paar Tage in der Kühlen stehen. „Das gibt der Butter die nötige Säure.“ Nach ein oder zwei Tagen wandert der Rahm in das Butterfass, in den „Schloaker“. „Jetzt muss I schlog’n, schlog’n, schlog’n – bis sich die Butter von der dünneren Buttermilch trennt.“ Diese schüttet Anja Ebner durch ein Sieb, “ die Buttermilch kann später verkostet werden,“ meint die Bäuerin. Die feste Masse wird mit Hand gut gewaschen bevor sie Anja mit geschickten Händen in eine hölzerne Form streicht mit Blumenmuster. Nach getaner Arbeit ist Zeit für einen kühlen Drink. „Buttermilch ist so gesund und erfrischend.“

Hoferlebnis buttern am Höfetrail
Es läuft wie geschmiert. Wir nähern uns dem Ende, der Verkostung. Auf dem Tisch liegt ein frisch gebackenes Bauernbrot. Fast andächtig streicht Anja Ebner die Butter auf das Brot. Ein samtweicher, zart säuerlicher Duft durchströmt den kleinen Raum. „Probierts amol“, bittet die Bäuerin ihre Zuschauer, die – seitdem es den Höfetrail durch das Bergsteigerdorf Tiroler Gailtal gibt – immer zahlreicher werden. Die Mmmhs, Boahs und Aaahs weichen ungläubigen Ausrufen: „Ach, so schmeckt richtige Butter!“
Ein schöneres Kompliment kann sich Anja Ebner kaum vorstellen. Weil es Wertschätzung für ein handgemachtes Produkt ausdrückt. Für ein Lebensmittel, das nicht nur gut schmeckt, sondern auch über Jahrhunderte das Überleben vieler Menschen gesichert hat. „Es ist viel Arbeit, aber eine, die sich lohnt, sagt Anja. Mehr der Qualität wegen, statt finanziell. Ein großes Stück (250g) kostet 2,50 Euro, ein kleines (125g) 1,50 Euro. „Bis zu zehn Tage hält sich die Butter im Kühlschrank“, zwinkert die Obertilliacherin. „Aber nur rein theoretisch.“ – Ende der Geschichte –

Das Hoferlebnis von der Kuh bis zur fertigen Bauernbutter kann man von Mitte Juni bis Anfang Oktober wöchentlich live am Niescherhof erlebt werden.
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Ganz toll beschrieben. So wird Obertilliach noch lebens- und erlebenswerter, wie ich es seit nun 40 Jahren kenne und schätze.
Freue mich auf das Buttererlebnis.
Lieber Walter, vielen Dank für dein schönes Kommentar. Wir hoffen, du hast ein ganz tolles Buttererlebnis!