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Wer schleicht so spät durch Nacht und Wind?

Wer schleicht so spät durch Nacht und Wind?

Obertilliach und der Nachtwächter:

Bei Tassenbach biege ich in Richtung Süden ab und leise Vorfreude macht sich in mir breit. Zuerst noch einige Höhenmeter überwinden, den Kartitscher Sattel hinter mir lassen und schon bin ich in einer anderen „Welt“. Ich habe mich früher auf den Weg gemacht, weil ich noch bei Tageslicht ankommen möchte. Mir eröffnet sich ein Blick auf unzählige kleine runde Gebilde, die sich zwischen den „Heu-Schupfen“ befinden: kleine Heuschober. Hier wird das Gras noch mit den Händen aufgebracht und zum Trocknen auf den „Hieflern“ aufgehängt. Ein unglaublich guter Duft von frisch trocknendem Gras umgibt mich. Ich atme tief ein und genieße den Sonnenuntergang mit allen Sinnen. Riechen, schauen, hören… einfach nur dem Stress des Alltages entkommen.

Obertilliach ist ein Haufendorf, in dem Brauchtum noch gelebt wird. Die Holzhäuser mit viel Tradition wurden ganz eng aneinandergebaut. Das hatte den Grund, das Dorf leichter gegen Feinde verteidigen zu können. Diese sind im Laufe der Zeit verschwunden, was jedoch geblieben ist, ist der größte Feind eines eng zusammengebauten Dorfes: das Feuer. Und genau deshalb macht Helmut Egartner, der Obertilliacher Nachtwächter, noch zweimal in der Woche seine Runden durch die engen Gassen der Gemeinde und hält nach Feuer Ausschau.

Nachtwächter Obertilliach:

Helmut Egartner, ein richtiges Obertilliacher Original, ausgerüstet mit einer Laterne, einem Lodenmantel, einer Hellebarde und dem wichtigsten Utensil, einer lauten kräftigen Stimme. Für die Hellebarde benötigt man sogar einen Waffenschein! Man muss ihn einfach einmal gesehen und gehört haben! Pünktlich um 22.00 Uhr macht er sich auf den Weg durch das Dorf. Beleuchtet wird dieser von einer Laterne und immer wieder singt er sein Nachtwächterlied:

„Ihr Bauern und Herrn loust auf und lasst euch sagen, es hat 9 Uhr geschlagen, gebt fleißig Acht auf Feier und Liacht, dass uns Gott und unsre liabe Frau behiat – es hat 9 Uhr geschlagen: Gelobt sei Jesus Christus“

Oftmals begleiten ihn Urlauber und er verrät mir auch, dass nicht jedes Geheimnis, das er in so mancher Nacht lüftet, von ihm verraten wird 😉 Seine Runde durch das Dorf dauert ungefähr 1 Stunde, kann jedoch bei einer kurzen Stärkung im Dorfgasthaus auch 2 – 3 Stunden betragen. Verschlafen darf man bei dieser Aufgabe jedenfalls nicht sein.

Zuerst habe ich mir gedacht, die Nacht im Kreis gehen ist gar nicht so anstrengend. Nach dieser ersten Runde musste  ich jedoch feststellen, dass ich ganz schön müde und froh war, dass ich mich im angrenzenden Gasthaus ausruhen konnte. Helmut hat mir dann die eine oder andere Geschichte über das Dorf und seine Erlebnisse als Nachtwächter erzählt. Seit 2000 dreht er unermüdlich seine Runden, zum Wohle des ganzen Ortes und auch für die Urlauber. Mit seiner Meinung, dass Brauchtum und Kultur unbedingt an unsere Kinder weitergegeben werden muss, steht er nicht alleine da!

Für mich war nach dieser einen Runde auch schon Schluss. Ich freute mich auf mein Bett und Helmut begab sich wieder in die finstere Nacht hinaus. nachtGanz leise hörte ich im Hintergrund, wie er das Nachtwächterlied anstimmte: „Ihr Bauern und Herrn loust auf und lasst euch sagen, ………..“

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