In Sillian, der Marktgemeinde im Osttiroler Hochpustertal, beschließt man 1936 mit der Zeit zu gehen. Der „Katholische Arbeiterverein“ Sillian eröffnet im Erdgeschoss einer alten Kaserne die „Grenzlichtspiele“. Freilich nicht ohne gewisse Leitlinien. So gibt es zu den Filmen, die im Kino gezeigt werden, stets eine „Katholische Filmkritik“. Darin wird per Aushang darüber informiert, welche Filme für die Jugend besser oder weniger geeignet sind. Im Eintrittspreis ist außerdem ein „Fürsorgezuschlag“ enthalten.
Besonders in den Nachkriegsjahren sehnen sich die Menschen nach etwas Unbeschwertheit und Sorglosigkeit. Das Kino in Sillian erlebt eine Blütezeit. Gernot Vinatzer ist damals ein junger Bursche, der es liebt mit seinen Freunden ins Kino zu gehen und einen Hauch von „weite Welt“ zu schnuppern. „Die Menschen gingen auch deshalb gerne ins Kino, weil im Vorspann die „Wochenschau“ lief. Das war die Informationsquelle Nummer Eins“, erzählt Vinatzer. Man verband das Angenehme mit dem Nützlichen, Unterhaltung mit Nachrichten. Über die Jahrzehnte verloren besonders kleine Kinos an Bedeutung. Das hatte nicht nur, aber auch, mit dem Aufkommen von Fernsehen sowie Video zu tun und war auch in Sillian nicht anders. So kam es, dass die „Grenzlichtspiele“ 1989 für immer schlossen. Lediglich das kleine Cafè wurde noch bis 2012 weiter betrieben.
Aus dem Dornröschenschlaf erweckt
Vinatzer hat über die Jahre hinweg privat eine prächtige Sammlung an altem Fotoequipment angelegt. Als zuhause kein Platz mehr ist, überlegt er, wie er die Exponate am besten in Szene setzen kann und findet, das alte Kino sei ein stimmiger Ort dafür. Gemeinsam mit seinem Freund, dem Fotografen Ando Fuchs, erweckt er 2021 die Sillianer „Grenzlichtspiele“ wieder zum Leben, wenn auch nicht mehr in der ursprünglichen Funktion. Die alte Projektionsmaschine wird aus dem Keller geholt und in mühevoller Kleinarbeit Teil für Teil und Schraube für Schraube wieder zusammengesetzt. Die Räume werden instandgesetzt, die Exponate inhaltlich aufbereitet.
Technik & Filmgeschichte
Heute bewundert man im Kinomuseum viele alte Funkstücke der „Grenzlichtspiele“, die ein Stück Lokalgeschichte erzählen. Weiters geben technische Apparate aus längst vergangenen Zeiten, Filmplakate und vieles mehr einen Einblick in die Welt des Films und der Fotografie. Wie kein anderer erklärt Vinatzer die technischen Gerätschaften und gibt spannende Einblicke in die Welt von Film und Fotografie. Eines seiner Lieblingsobjekte ist übrigens eine „Magische Laterne“, ein Projektionsgerät, das bereits im 17. Jahrhundert populär war. Das Innere des Metallkästchens ist mit einer Kerze bestückt. Dieses Licht dringt durch die Öffnung und durch ein Linsensystem an der Vorderseite des Kastens nach außen. Ein Hohlspiegel hinter der Lichtquelle erhöht die Helligkeit des austretenden Lichtstrahls. In die Bildführung, die zwischen Kasten und Linsensystem angebracht ist, sind die Laternenbilder eingeschoben und mit dem ausfallenden Licht projiziert.
Mehr als Nostalgie
Neben der Dauerausstellung zu Kino und Film finden in den Grenzlichtspielen regelmäßig Sonderausstellungen statt. Im Sommer 2024 war beispielsweise eine Sonderschau des renommierten Fotokünstlers Ando Fuchs zu sehen, der ausschließlich in Schwarzweiß fotografiert und Menschen auf unnachahmliche Weise portraitiert. Wer etwas Zeit in diesem besonderen Museum verbringt, wird sich in vielen wunderbaren Geschichten wiederfinden. Geschichten aus Film und Fotografie. Geschichten aus der Region. Und die ganz persönlichen Geschichten der Museumsbetreiber.
Alle aktuellen Informationen zu Öffnungszeiten findet ihr hier.
Tipp: Führungen sind nach telefonischer Vereinbarung jederzeit möglich (€ 3 pro Person).
Finde ich ganz toll, der Nachwelt einen Einblick zu verschaffen wie man früher Unterhaltung machte! Ich war selber Filmvorführer, bin Baujahr 1945. Für mich war ja Eure Philips FP20 im Kinosaal eine der modernsten Entwicklungen der Projektionstechnik. Meine erste FP20 mit „Blitzlicht“ und 1800m Spulen sah ich im Forum Kino in Wr. Neustadt. (denke das war in den 70ern)
Wow, danke für die spannenden Eindrücke deiner Tätigkeit als Filmvorführer, lieber Erich! Du kannst sicher so manch interessante Geschichte darüber erzählen. 😉