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Kultur & Tradition

Trachtenkultur in Osttirol – Tradition, Handwerkskunst und Geschichte bewahren

Trachtenkultur in Osttirol – Tradition, Handwerkskunst und Geschichte bewahren
© Watzek

Zwischen den idyllischen Tälern Osttirols liegt ein ganz besonderes Erbe – die Osttiroler Trachtenkultur. Osttirol zeichnet sich durch eine große Vielfalt an Trachten aus. So hat beispielsweise jedes Tal seine eigenen Besonderheiten. Tracht ist also mehr als nur Kleidung, sie ist Handwerkskunst, erzählt Geschichten, spiegelt den Wandel der Zeit wider und verbindet Menschen mit ihrer Heimat. Doch Traditionen bleiben nur dann lebendig, wenn sie gepflegt, erforscht und weitergegeben werden.

Handwerkskunst und Trachtenkultur in Osttirol: Eine Initiative, die die Trachten Osttirols bewahrt

Aus diesem Grund gründete Schneidermeisterin Marianna Oberdorfer im März 2024 die Initiative „Handwerkskunst und Trachtenkultur in Osttirol“. Mit der Gründung des Vereins setzte sie einen bedeutenden Meilenstein in ihrer Arbeit. Im Laufe der Jahre wurden Marianna viele einzigartige Stücke überlassen oder von ihr angekauft. Jedes dieser Unikate ist ein wertvolles Zeugnis der regionalen Handwerkskunst und soll für kommende Generationen erhalten bleiben. Heute besitzt sie eine beeindruckende Sammlung an Trachten aus allen Tälern Osttirols.

Im Vordergrund sind alte Bilder historischer Gewänder zu sehen, während im Hintergrund die Trachten des Lienzer Talbodens zu sehen sind.
Die historischen Fotografien geben einen authentischen Einblick in die Vielfalt der Osttiroler Trachtenlandschaft und dokumentieren das handwerkliche Erbe der Region.

Vom Kindheitstraum zur Berufung: Marianna Oberdorfer über ihre Leidenschaft für die Trachtenkultur

Die Liebe zur Handwerkskunst und zur Osttiroler Trachtenkultur begleitet Marianna schon ihr ganzes Leben. Seit mehr als vier Jahrzehnten beschäftigt sie sich nun mit traditionellen Gewändern, erforscht ihre Ursprünge und bewahrt wertvolle Stücke für nachkommende Generationen auf. Bereits früh war es ihr Traum, Schneiderin zu werden. Dazu inspiriert hat sie ihre Mutter, die diesen Beruf ebenfalls ausübte. Besonders das Zuschneiden faszinierte Marianna: „Schon als Kind habe ich meiner Mama beim Zuschneiden zugeschaut. Wenn sie mit der großen Schere die Stoffe in Form gebracht hat, war das für mich wie Magie. Genau das wollte ich auch können.“ Diesem Traum folgte Marianna konsequent und absolvierte ihre Ausbildung und die Meisterschule in St. Pölten. Kurz darauf machte sie sich 1981 mit ihrem eigenen Atelier in der Beda-Weber-Gasse in Lienz selbstständig.

Man sieht Marianna Oberdorfer, die Obfrau des Vereins "Handwerkskunst- und Trachtenkultur", bei der Eröffnung der Ausstellung "Lienzer Talboden“.
Bei der Ausstellung vermittelt Marianna Oberdorfer mit großer Leidenschaft ihr Wissen zu Schnittführungen, Materialien und regionalen Besonderheiten.

Ihre Faszination rührt allerdings nicht nur von der handwerklichen Geschicklichkeit, sondern auch von der tiefen Verwurzelung der Trachten in der Geschichte und Kultur.

Denn was viele nicht wissen: Tracht war nie etwas Starres.

Marianna Oberdorfer

Schon immer gab es Einflüsse aus der Mode. „So war zum Beispiel das Florhalstuch und die Halskrause, das viele Osttiroler Trachten ziert, ursprünglich ein modisches Accessoire. Die Menschen haben schon früher geschaut, was modern ist und es dann in die Tracht übertragen“, erklärt Marianna. Auch die Not machte erfinderisch: „Früher war Stoff teuer. Es war üblich, alte Gewänder nicht wegzuwerfen, sondern umzuschneidern. So entstanden oft die schönsten und kreativsten Stücke.“ Diese Mischung aus Tradition, Kreativität und nachhaltigem Umgang mit Materialien macht die Osttiroler Trachten so einzigartig.

Auf dem Bild ist eine weiße Halskrause mit einem roten Band zu sehen.
Die Halskrause ist ein Spezifikum der Lienzer Tracht und stammt aus dem 16. Jahrhundert. Ihre aufwendige Fertigung und das Tragen erfordern bis heute viel Geschick und Haltung.

Osttiroler Trachtenkultur: Ausdruck von Identität und regionaler Geschichte

Marianna erklärt: „Früher wurde Tracht getragen, um den eigenen Stand und Beruf auszudrücken. Heute ist sie ein Ausdruck von Identität und Zugehörigkeit.“ Die Unterschiede zwischen den Trachten der einzelnen Regionen Osttirols sind beachtlich. Sowohl im Defereggental als auch in Kals wurden körpernahe Trachten mit Schößchen getragen. Dennoch gibt es regionale Unterschiede bei der Ausführung der Trachten. Nach 1925 kam das weit geschnittene Gewand mit Falten und Smokarbeit zunehmend in Mode. Im Lienzer Talboden wiederum wurden besonders kunstvoll bestickte Trachten gefertigt, die eine unverwechselbare Eleganz ausstrahlten.

Auf dem Bild sind Trachten des Lienzer Talbodens zu sehen.
Die Ausstellung zeigt die Vielfalt der Trachtenlandschaft. Jede Tracht erzählt dabei ein Stück Geschichte und spiegelt die Identität ihrer Trägerinnen und Träger wider.

„Trachtenlandschaft Osttirol“: Eine Ausstellung, die Vergangenheit und Zukunft verbindet

Derzeit arbeitet Marianna an der Ausarbeitung ihrer Ausstellungen, die sie im Jahrestakt präsentieren möchte. „Es gibt so viel zu erzählen, so viel zu dokumentieren. Ich hoffe, dass wir mit unserer Arbeit viele Menschen für die Schönheit und Bedeutung der Trachten begeistern können“, sagt Marianna Oberdorfer.

Die Ausstellung „Trachtenlandschaft Osttirol“ präsentiert im August 2025 im Kulturhaus Sinnron in Dölsach die Trachtenkultur entlang der Isel. Die Schneidermeisterin freut sich darauf, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die ihre Begeisterung für die Trachtenkultur teilen. Besonders gespannt ist Marianna darauf, von Menschen zu lernen, die tiefere oder bislang unbekannte Kenntnisse zur Trachtenkultur haben.

Bereits im Sommer 2024 feierte die erste Ausstellung der „Trachtenlandschaft Osttirol“ mit rund 30 traditionellen Trachten und Gewändern des Lienzer Talbodens ihre Premiere. Diese stieß sowohl bei der einheimischen Bevölkerung als auch bei Urlaubenden auf großes Interesse. Die positive Resonanz macht deutlich, wie lebendig und geschätzt das regionale Brauchtum in Osttirol ist.

In der Bildmitte steht ein junger Mann, neben dem zwei junge Frauen in historischen Gewändern zu sehen sind.
Tracht war seit jeher Ausdruck regionaler Gegebenheiten, sozialer Verhältnisse und individueller Vorlieben.

Die Highlights der heurigen Ausstellung

Mittlerweile hat Marianna eine beachtliche Sammlung an historischen Gewändern. Ein außergewöhnliches Fundstück ist eine grasgrüne Lienzer Tracht. Diese ist ein Beispiel für frühe synthetische Färbetechniken, die bereits um 1835/1840 in Gebrauch waren. Auch in diesem Jahr zeigt die Trachtenschau einzigartige Exponate – darunter die sogenannte Notburgatracht aus reinem Seidenbrokat, die an vergangene Zeiten erinnert.

Ein weiteres Highlight ist die Virgener Tracht, inspiriert von einem Gemälde aus dem Jahr 1918. Marianna rekonstruierte die traditionelle Tracht mit viel Feingefühl und entwickelte eine Neuinterpretation, sodass der historische Charakter bewahrt, aber mit zeitgemäßen Stoffen und Farben neu interpretiert wurde. Die Virgener Tracht besticht durch ihre schlichte Eleganz und die liebevoll eingearbeiteten Details.

Wie der Verein die Trachtenkultur in Osttirol erhält und am Leben bewahrt

Der Verein „Handwerkskunst und Trachtenkultur Osttirol“ bereichert die Region durch seine Arbeit. Mit den kommenden Ausstellungen bringt er die Vielfalt und Lebendigkeit der Osttiroler Trachtenkultur einem breiten Publikum näher. Die Weitergabe von Wissen und die Bewahrung historischer Gewänder lassen ein Stück Geschichte lebendig werden. Die Ausstellung bietet vom 02. August 2025 bis 31. August 2025 im Kulturhaus Sinnron in Dölsach faszinierende Einblicke in traditionelles Handwerk, regionale Kleidung und kulturelles Erbe – und hält für alle Besucherinnen und Besucher etwas Spannendes bereit.

Man sieht den Eingangsbereich der Ausstellung "Lienzer Talboden".
Die Ausstellung „Trachten entlang der Isel“ wird am 1. August feierlich eröffnet und ist vom 2. bis 31. August 2025 im Kulturhaus Sinnron in Dölsach zu sehen.
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