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Natur & Gesundheit

Das schönste Souvenir: Die Kraft der Osttiroler Wälder

Das schönste Souvenir: Die Kraft der Osttiroler Wälder
© Peter Maier

„An der Waldgarderobe, dort, ja, da kannst du deine Sorgen aufhängen. Was? Nein, mitnehmen musst du sie nicht mehr. Lass sie einfach da! Wie? Ja, natürlich funktioniert das.“ Jedenfalls hier, beim Waldbaden in Osttirol. Eine sehr besondere Wald-Erfahrung.

Waldbaden in Osttirol mit Sabine Buchberger und Lissi Totschnig
Waldbaden in Osttirol mit Sabine Buchberger und Lissi Totschnig: mehr Entspannung mit „Shinrin Yoku“ geht nicht

Zauber des Osttiroler Walds

„Jetzt braucht‘s schon zum Waldgehen einen Waldführer, da hört sich ja alles auf! Braucht’s das auch noch?“, verdrehen Skeptiker die Augen. „Ja“, sagen Sabine Buchberger und Lissi Totschnig einfach. „Viele Menschen haben wirklich verlernt, im stressigen Alltag wieder runterzukommen. Sie wissen nicht mehr um Reduktion und Minimalismus in der Welt von Computer und Handy.“ Selbst zunächst skeptisch haben die beiden – beide in medizinischen Berufen tätig – es zunächst nur ausprobiert. Und sind zu Waldbaden-Fans geworden, haben die Ausbildung zur Trainerin absolviert und lassen seitdem viele Menschen in den Osttiroler Wäldern in und um Lienz teilhaben an dieser einzigartigen Erfahrung. 

Geborgenheit im Entschleunigen

Wie ist es denn, mit nackten Füßen auf dem warmen, weichen Waldboden zu stehen? Sich zu erden, die Kraft der Natur zu spüren, zu riechen? Die Hände im Moos zu vergraben? Darauf muss man sich einlassen. Ohne Telefon und Computer fühlt man sich fast nackt, auf sich zurückgeworfen, so viel Stille und Stärke um einen herum. Sich selbst zu verwurzeln – wieder – das fällt vielen schwer. Doch es lässt sich üben. Wie ein Baum dazustehen und Wind und Wetter und Lebensstürmen standzuhalten. Sich buchstäblich zu erden, zu verwurzeln. Und die Perspektive zu ändern

Ein Glücks-Schwindel macht sich breit bei jenen, die vom Boden aus durchs Blätterdach der Bäume in den Himmel schauen. Eigens dafür haben Sabine und Lissi eine Hängematte in ihrem Rucksack. Wer das einmal ausprobiert hat, weiß wieder, was Geborgenheit bedeutet. Im Entschleunigen, Vertrauen und Loslassen. Zweieinhalb bis drei Stunden genügen da schon, um sich und die Welt wieder wahrzunehmen. Ganz ungefiltert. Und das Schöne ist: Ganz gleich, wie die persönlichen Umstände sind, jeder kann es tun. 

Wenn alles blüht und die Gipfel noch überzuckert sind – ein Waldbad im Frühling bringt frische Kraft und Mut

Ein Bad für jeden Menschen

Manchmal begleitet Sabine ältere Menschen in den Wald. Viele sind nicht gut zu Fuß, brauchen Unterstützung beim Gehen, aber das macht nichts. Sie kennt die leicht erreichbaren Plätze. „Wir nehmen auch Menschen mit Beeinträchtigungen mit“, sagt Lissi. Ein Waldbad lässt sich allein buchen, wer sich lieber einer Gruppe anschließt, ist mit maximal zehn Teilnehmern unterwegs. Eines haben die Plätze gemeinsam: Sie liegen möglichst unberührt in einem Mischwald, am liebsten in der Nähe von Wasser. Einzigartig sei auch die Mischung aus Wald und Berg, wie es sie nur in Osttirol gebe, sind sich die beiden Frauen einig. Und was sie den Teilnehmenden noch mitgeben, ist der Geschmack des Waldes.

Den Wald schmecken – zu jeder Jahreszeit

Schier unerschöpflich scheint Sabines Rucksack zu sein. Nach Hängematten und Sitzkissen packt sie die Thermoskanne aus. „Schmeck amol den Wald“, lacht sie. Und aus dem Becher dampft heißes Wasser. Zarter Brombeer- oder Himbeerblättergeruch zieht in die Nase. Zu jeder Jahreszeit schenkt sie anderen Tee aus, was die Natur eben hergibt oder der Sommer übrig lässt. Wer je einen Tee mit Fichtennadelsirup im Schnee getrunken hat, wird den zarten, erdig-blumigen Dampf, der sich mit den Atemwölkchen vermischt nie vergessen. Nicht den Blick auf die schwer mit Schnee beladenen Zweige, die tiefe Stille, die sich mit jedem Einatmen im Innern weit macht. Da werden selbst nüchterne wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema Waldbaden nebensächlich. 

Ein Bad für die Gesundheit

Längst ist medizinisch belegt, wie positiv sich der Aufenthalt im Wald auf Kreislauf und Immunsystem auswirkt. Augen und Atemwege werden entlastet, die ätherischen Öle des Waldes beruhigen, bekämpfen Krankheitserreger … Das alles tut gut. „Waldbaden ist deshalb eine super Alternative zum Wandern, wenn‘s leicht regnet“, weiß Sabine. Die Terpene entfalten sich bei Feuchtigkeit besser. Und sie erzählt von den Ursprüngen des Shinrin Yoku, des „Bades in der Atmosphäre des Waldes“, wie es aus dem Japanischen wörtlich übersetzt wird. 

In Japans Großstädten vor vielen Jahren schon medizinisch für Burnout-Patienten verordnet, sah man sehr bald die positive Wirkung eines Waldbads. Und heute tun wir’s hier, in Osttirol. Wir geben Sorgen und Ängste an der Waldgarderobe ab. Spüren, heilen, lassen los. Und gehen weiter. Stark, gelassen und erfüllt von der Kraft des Waldes

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