„Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.“ Der berühmte Dichter Johann Wolfgang von Goethe muss es wissen. Seine Art des Reisens geschah bevorzugt auf zwei Beinen. Warum? Weil der deutsche Dichterfürst schon vor gut 200 Jahren wusste, dass Gehen auch gedanklich etwas in Bewegung setzt. Wege suchen, Wege finden und Wege gehen – zu Fuß. Das war auch die Idee hinter der Podcast-Reihe „Bewanderte Gedanken„. Die Staffel eins wurde im Osttiroler Villgratental produziert zum Thema „Zukunft Tourismus“. Obwohl Goethe nie dort war, ihm hätte es vermutlich sehr gefallen.
Vielleicht wäre er auch auf die Herz-Ass-Runde im Villgratental gegangen. Auf eine Tour in fünf Tagesetappen rund um das etwas abgeschiedene Tal. Mit dieser Ruhe und Stille gehen die Villgrater behutsam um – schon seit vielen Jahren. Einige junge Unternehmer aus dem Tal, die sich zum Verein Projekt V zusammen geschlossen haben, möchten die Region gut für die Zukunft aufstellen. „Wandern und sanfter Tourismus sind der Weg, nicht Rambazamba“, meinen sie. „Das Villgratental hat nix, genau deswegen kommen die Menschen,“ fügt Josef „Sepp“ Schett von der Villgrater Natur mit einem Zwinkern hinzu.
Zu diesen Leuten gehört der Innsbrucker Geograf Michael Beismann. Er berät im gesamten Alpenraum kleine Dörfer. Abwanderung, Ausbluten, Aussterben ganzer Regionen – all das will er verhindern und umkehren. „Das geht“, sagt er, „wir müssen nur wieder alles bereits Vorhandene zeitgemäß verbinden. Was vor 30 Jahren technologisch undenkbar schien, ist heute machbar.“
Wer hätte Anfang der 1990er Jahre schon gedacht, dass umfängliches Arbeiten auch in einem Urlaubsquartier so einfach möglich sein könnte? „Aber heute funktioniert das“, erzählt Veronika Engel vom Verein Coworkation Alps. Corona hat es gezeigt – die Nachfrage nach Coworkation, also jene Kombination aus befruchtender Team-Arbeit (coworking) und Urlaub (vacation), nimmt zu.
Auch die Villgrater sehen hier ihre Chancen. Stabiles Internet und Unterkünfte gibt es längst. Kreative und hoch qualifizierte Leute kommen ins Tal, um das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden. Vormittags arbeiten, nachmittags als digitaler Nomade auf den Berg und Ideen entwickeln. Mittlerweile schätzten einige das Konzept, das Gäste und Gemeinden offenbar zahlreiche Vorteile bietet. Auch etwas unkonventionelle Urlauber müssen essen, schlafen, einkaufen, um dann mit ihrem etwas anderen Blick auf das Tal zu schauen.
„So liefern sie Impulse und vermutlich manche Idee,“ beobachtet der Innsbrucker Unternehmer, Mitgründer von wemorrow und Nachhaltigkeitsexperte Hannes Offenbacher immer wieder. „Warum soll etwa der Schafbauer die Wolle nicht veredeln und als Matratzen in die Welt exportieren?“ Denn nach Ansicht von Experten ist Tourismus weit mehr als die Bewirtung von Gästen, die mit „vollem Geldbeutel kommen und mit einem leereren wieder gehen.“
Auch wenn sich für einige Besucher das Villgratental gelegentlich wie das Ende der Welt anfühlen mag. Für Schwester Maria Krizmanich die das Haus Betanien in Kalkstein, einem Ort der Stille leitet, verhält es sich anders. „Hier beginnt die Welt und die Zukunft steht uns offen.“
Eine Podcast-Reihe über die Zukunft
In der Podcast-Reihe „Bewanderte Gedanken“ geht es um die Zukunft. Sich beim Wandern Gedanken machen – dann kommt etwas in Bewegung. Was ist uns wichtig, wohin wollen wir gehen und wie gestalten wir den Wandel aktiv. Darüber spricht der Blogger und Buchautor Jörg Wunram in der Staffel eins mit fünf Expert*innen auf dem Gebirgswanderweg Herz-Ass im Villgratental über die Zukunft des Tourismus. Produziert wurde die Staffel von dem Osttiroler Unternehmen Freizeitproduktionen GmbH. Die Musik steuert www.franui.at bei. Außerdem gibt es zu jeder Etappe einen kulinarischen Tipp von Josef Mühlmann vom Gannerhof. Die Idee zur Podcastreihe Bewanderte Gedanken entstand im Sommer 2019. Schnell war aus der Idee ein Projekt geboren und mit dem Netzwerk an spannenden Menschen auch die Protagonisten. Der Erfolg gab uns recht, deswegen gibt es auch eine Fortsetzung. Dieses Mal auf dem Iseltrail in Osttirol.
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