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Natur & Gesundheit

5 Herausforderungen für den Nationalpark Hohe Tauern

5 Herausforderungen für den Nationalpark Hohe Tauern
© Sebastian Höhn

Unterwegs in einer eindrucksvollen Hochgebirgslandschaft und die „Big 5“ immer im Blick, so stellt man sich eine Tour im größten Nationalpark Mitteleuropas, dem Nationalpark Hohe Tauern, vor. Abseits der Natur-Romantik stehen aber auch große Schutzgebiete wie der Nationalpark Hohe Tauern vor enormen Herausforderungen. Während man im Detail noch erforscht, welche Auswirkungen der Klimawandel auf einzelne Arten und Lebensräume hat, sind andere Herausforderungen für uns Menschen schon sehr spürbar…

1. Übers „ewige“ Eis gehen?

Beginnen möchte ich mit dem viele Probleme verursachenden Thema des Klimawandels. Während wir vermutlich viele Details der Auswirkungen auf die Natur noch nicht kennen, merkt man gerade im Nationalpark Hohe Tauern mit seinen großen Gletscherflächen sehr schnell, dass das „ewige Eis“ der Hohen Tauern nicht mehr so ewig sein wird. Die Natur passt sich an! Neue eisfreie Flächen besiedeln erste Pioniere – aber für uns Naturliebhaber und Bergsteiger, sowie die Erhalter der Wegeinfrastruktur bedeuten diese Veränderungen eine große Herausforderung. Wo man früher leicht auf das Eis gekommen ist, stellen nun steile Felswände eine Barriere dar, Übergänge und Scharten sind nicht mehr begehbar und Wege müssen verlegt oder aufgelassen werden.

Mehr über gemessene Rückgänge der Gletscher findest du unter www.gletscherwandel.net

2. Im „Schussfeld“ der Steine

Permafrost tritt im Nationalpark verbreitet auf und kann als eine Art Klebstoff der Felsen im Hochgebirge gesehen werden. Durch das Auftauen in Folge der Erwärmung kommen die Berge in Bewegung – der Kleber löst sich quasi. An exponierten Stellen kommt es dadurch zu Steinschlag und teilweise stürzen Steine auf Bergwege wie ein dauerhafter Beschuss mit Tennisbällen aus einer Ballmaschine. Sperren hochalpiner Wege und wichtiger Verbindungen können dadurch notwendig werden und so manche Mehrtagestour von Hütte zu Hütte unterbrechen. Kostenintensive Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen waren bereits an der Galtenscharte, aber auch im Bereich der Riepenscharte und des Rotenmanntörls notwendig.

Permafrost
Das Glitzern zwischen dem Lockermaterial verrät die Gefahr. Zwischen Barmerhütte und
Riepenscharte – der Weg musste aufgrund von Bewegungen durch das Auftauen des
Untergrunds verlegt werden

3. Extremwetterereignisse

„Von Unwettern überrascht – Heli barg Familien aus Notlage“ – Nachrichten wie diese häufen sich in den letzten Jahren auch im Nationalpark Hohe Tauern. Extremwetterereignisse wie Gewitter mit Starkniederschlägen können auch einen mit strahlend blauen Himmel begonnenen Tag jäh unterbrechen und sich speziell im Gebirge lokal auch auf Wege und Brücken auswirken. An Messstellen von Gewässern im Nationalpark Hohe Tauern stellen wir fest, dass in manchen Tälern einstweilen 5-jährige Hochwasser und sogar 30-jährige Hochwasserabflüsse jährlich auftreten – anstatt wie rein statistisch aus der Vergangenheit eben nur alle 5 oder 30 Jahre. Diese Häufung von Ereignissen wirkt sich natürlich auch auf die Ökosysteme im und am Bach aus. Aufgrund der bereits beobachtbaren und prognostizierten Zunahme von Extremwettereignissen werden wir einen entsprechenden Umgang damit lernen müssen. Ein Blick auf den Wetterbericht der Geosphere Austria und deren Wetterwarnungen sollte jeder Tour vorangehen!

Hochwasser im Dorfertal
Eine Lärchenweide (Weidewald) kann bei einem Hochwasser rasch zu einem
gefährlichen Ort werden

4. Der „Lämmergeier“ wars…

Vorurteile wie dieses über den Bartgeier – die Bezeichnung Lämmergeier geht auf die Irrmeinung zurück, dass der Bartgeier Lämmer erlegen würde – sind nach wie vor eine Herausforderung im Artenschutz, wenn auch nicht mehr für den Aasfresser Bartgeier. Gerade das Beispiel des Bartgeiers zeigt die Rolle eines Nationalparks für den internationalen Artenschutz. Seit der ersten Freilassung 1986 im Nationalpark Hohe Tauern wurden alpenweit 216 Junggeier, davon 61 in Österreich, freigelassen. Eine ursprünglich heimische und nahezu ausgestorbene Art wurde wieder zu einer stabilen Population aufgebaut, sodass natürliche Brutaufkommen die Population hoffentlich für die Zukunft sichern und den eindrucksvollen Anblick des Bartgeiers in den Hohen Tauern erhalten. Die gesellschaftliche Akzeptanz und speziell auch der Umgang mit den wiederkehrenden großen Beutegreifern stellen eine Herausforderung für uns alle dar.

5. Das Gleichgewicht wahren

Der Boom „Natursport“ in den Alpen ist seit mehreren Jahren deutlich spürbar, sowohl im Sommer als auch im Winter. Es sind immer mehr Naturräume und Schutzgebiete davon betroffen – sowohl die Anzahl als auch die räumliche und zeitliche Ausdehnung der Natursportaktivitäten haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen führen im Outdoor-Sportbereich (Trends wie Trail Running, Eisklettern, etc.), sowie durch neue Technologien (beispielsweise E-MTBs, Freeride-Ski, Wander- und Campingausrüstung) zu einer Diversifizierung. Experten:innen gehen von einem weiteren Wachstum im Natursportbereich und im Naturtourismus im weiteren Sinne aus. Ein wesentliches Ziel des Nationalparks Hohe Tauern ist es „…den Besuchern des Nationalparks Hohe Tauern ein erholsames und eindrucksvolles Naturerlebnis in einer der Natur verträglichen Form“ zu ermöglichen (Tiroler Nationalparkgesetz Hohe Tauern). Um einerseits die Natur zu schützen und andererseits auch in einer verträglichen Form zu genießen, werden zahlreiche Maßnahmen zur Besucher:innen-Lenkung und Information getroffen – im Sommer als auch im Winter. Es liegt an uns allen für eine Ausgewogenheit zwischen Naturschutz und Naturerlebnis zu sorgen – und mit entsprechender Rücksicht und manchmal auch Verzicht die Natur zu nutzen und genießen.

Befestigung von Besucherlenkungstafeln
Bereits im Herbst werden lange vor dem Winter vom Wegbautrupp des TVB-Osttirol die
Informations- und Besucher:innen-Lenkungstafeln für naturverträgliche Skitouren montiert

Von Florian Jurgeit

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