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Lebenswelt Villgraten: Ein Text-Bildband für alle Villgratental-Fans – und solche, die es noch werden möchten.

Lebenswelt Villgraten: Ein Text-Bildband für alle Villgratental-Fans – und solche, die es noch werden möchten.
21. Dezember 2020

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

Ein Wetterumschwung auf ihrem mehrstündigen Fußmarsch im August 1936 zwang das in Sillian urlaubende Wiener Ehepaar Anni und Ernst Schrom über Nacht Quartier in Villgraten am Hofe „Renner“ zu beziehen. Ein Ereignis, welchem eine viele Jahrzehnte dauernde Freundschaft mit der Gastgeberfamilie folgen sollte. Wenige Jahre zuvor hatte ebendort bereits eine Schriftstellerin einige Zeit verbracht, Volkskundlerin Maria Lang-Reitstätter, ebenfalls aus Wien.  

Durch diese glückliche Fügung und die daraus resultierende künstlerische Hinterlassenschaft des Malers Ernst Schrom und der Schriftstellerin und Volkskundlerin Maria Lang-Reitstätter entstand nun der hochinteressante Text-Bildband Lebenswelt Villgraten.

Der Kunstmaler Ernst Schrom, sowie die Schriftstellerin und Ethnologin Maria Lang-Reitstätter, besuchten in den 30er Jahren des 20. Jhdts. unabhängig voneinander über viele Sommer das Villgratental und hinterließen ein mittlerweile teils vergessenes, teils in alle Himmelsrichtungen verstreutes Oevre an künstlerischen und literarisch-ethnologischen Dokumenten des soziokulturellen Universums der 30er Jahre dieses Hochtales.

Ernst Schrom

Ernst Schrom zeichnet und malt behutsam den Altbauern, den Knecht und die Magd, Menschen, Höfe, Einrichtungsgegenstände und Werkzeuge, also ein ganzes soziales Universum, das heute weitgehend verschwunden ist: das vorindustrielle, bäuerliche Leben. Seine Werke zeigen einen durch Seh- und Gehweite begrenzten Lebensraum. Der Hof bildete für die bäuerliche Familie Lebensinhalt und Horizont zugleich – ein Kontrapunkt zum globalisierten Dorf in unserer Gegenwart. Zum Zeitpunkt seiner künstlerischen Tätigkeit hatten seine Werke kaum eine über das ortskundliche hinausgehende Aussagekraft. Heute, über acht Jahrzehnte später, gewinnen sie zunehmend an zeithistorischer und kulturwissenschaftlicher Bedeutung.

Maria Lang-Reitstätter

Auch die Schriftstellerin und Volkskundeforscherin Maria Lang-Reitstätter verzichtet in ihrer umfangreichen Monographie zur Volkskunde in Villgraten auf eine idealisierende, verklärende Beschreibung des bäuerlichen Lebens und gibt ein realistisches Abbild der keineswegs einfachen Verhältnisse in diesem Hochtal in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Maria Lang – Reitstätter (Bildmitte) im Kreis ihrer Schüler – St. Jakob im Rosental 1947

„Vom Beobachten des Beobachters der Beobachter“

Wenn Ethnologen aus der Großstadt das Objekt Bergbauer beobachten und beschreiben, so darf man nicht davon ausgehen, dass dieser Akt des Beobachtens und Beschreibens folgenlos bleibt. Wird also das soziokulturelle Brennglas eines Städters Ostösterreichs der dreißiger Jahre auf den Villgrater dieser Zeit gerichtet, führt dies nicht automatisch zur Darstellung der realen Verhältnisse.

Auf der einen Seite die „Fremden“, die „Herrischen“, wie sie die Villgrater bis heute nennen: Der meist finanziell und materiell abgesicherte Städter, aufgeklärt, gebildet, mit den neuesten technischen Instrumenten seiner Zeit (damals schon mit Fotoapparat, ab den 50er Jahren auch mit Tonbandgerät) ausgerüstet und aus dem Blickwinkel einer gewissen Erwartungshaltung heraus beobachtend.

Auf der anderen Seite das „ethnologische Objekt der Begierde“: der Villgrater Bergbauer, der „Archaische“, der „Primitive“, der in den Lichtkegel seines Entdeckers und Betrachters tritt, sich vielleicht, ja sogar wahrscheinlich, unter diesem ethnologischen Vergrößerungsglas anders gibt, etwa auch vorgibt so oder anders zu sein, um dem vorgefassten Klischee zu entsprechen oder sich auch so verhält und artikuliert, wie er gern gesehen und gehört werden möchte.

Wie hätte umgekehrt eine ethnologische Beschreibung des Ehepaars Reitstätter durch die Perspektive der Lebenswelt der Villgrater Bergbauern ausgesehen? Ein kinderloses Ehepaar Mitte Vierzig, aus der Hauptstadt eines ehemaligen Vielvölkerstaates stammend, mit missionarischem, reformpädagogischem Auftrag: Für den Villgrater dieser Zeit wohl ein unverständliches Lebenskonzept, aus seiner kulturellen Warte heraus sogar ein persönlich-familiäres und soziologisches Untergangskonzept.

Die Höfe „Gallan“ und „Wastlan“ in Innervillgraten 1940

Ist es nicht eine besondere Liebe, eine freundschaftliche und teilnahmsvolle Verbindung zweier gegensätzlicher Kulturen, zwischen Wien und Osttirol?

Mitunter bekommen wir auf diese Frage sehr überraschende Antworten und wir freuen uns, dass es den beiden Herausgebern Alois Ortner und Robert Perfler gelungen ist, zahlreiche Neuentdeckungen von Werken sowohl der künstlerischen Hinterlassenschaft des Malers Ernst Schrom als auch der Schriftstellerin und Volkskundlerin Maria Lang-Reitstätter in einem Buch zu vereinen.

Eine umfangreiche Sammlung vieler sich in privat- und institutionellem Besitz befindlichen Kunstwerke Ernst Schroms mit Bezug zum Villgratental, eine Monographie aller über Villgraten verfassten Abhandlungen Maria Lang-Reitstätters und etliche gemalte Eindrücke ihres Mannes Karl Lang, die in diesem Buch publiziert werden, sind Zeugnisse der kulturellen Verbindung dieser Persönlichkeiten zu diesem Tal.

Eine kritische biographische Betrachtung und Aufarbeitung der Persönlichkeiten, sowie darüber hinausgehende ethnologische und philologische Anmerkungen und Betrachtungen, runden das Gesamtwerk Lebenswelt Villgraten ab.

Die Herausgeber zum Band Lebenswelt Villgraten

Die Herausgeber Robert Perfler und Alois Ortner.

Das Ziel der beiden Herausgeber besteht darin, die besagten Persönlichkeiten und ihre Werke einer breiteren Öffentlichkeit bekanntzumachen. Die aktuellen globalen Entwicklungen, soziokulturellen und (land-)wirtschaftlichen Verwerfungen sowie die gewärtige Pandemie, machen die regionalen wirtschaftlichen Kreisläufe, nachhaltige kleinräumige soziale Strukturen den Zusammenhalt und die Nachbarschaftshilfe wichtiger denn je.

„Wir kommen wieder“, schrieb der Künstler Ernst Schrom an seine Quartiergeberin  Notburga Ortner im Jahre 1937, „das Laute in Wien ist mir zu viel“.

Ernst Schrom

Text-Bildband Lebenswelt Villgraten

Die Publikation Lebenswelt Villgraten ist zum Preis von Euro 34,00 bei folgenden Unternehmen erhältlich und bestimmt ein sinnvolles und besonderes Weihnachtsgeschenk:

Villgrater Naturprodukte KG
Innervillgraten 116
Lienz, Rosengasse 2
Wien, A-1070  Mariahilfer Straße 62
Schwaz, Innsbrucker Straße 2

Trafik und Postpartner Bergmann, Außervillgraten, Dorf 150

Raika Innervillgraten, Gasse 79

Raika Außervillgraten, 136

gamma3, Druckservice Sillian, Arnbach 84

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